Kommunale Neugliederung: Mitsprache versus Reform?

Die kommunale Gebietsreform prägt die politischen Debatten ab den 1960er Jahren.

 

Zuerst werden ab 1967 die kleineren Kirchspielgemeinden mit den gleichnamigen Städten verbunden, benachbarte ländliche Gemeinden größeren Kommunen zugeordnet und aus bisherigen Ämtern Zentralgemeinden gemacht.

 

Schon in dieser Phase ergeben sich bereits „Härtefälle“, wie die Aufgabe der Selbstständigkeit des Kirchdorfs Füchtorf oder das Ausscheiden der Gemeinden Herzfeld und Lippborg aus dem Kreis Beckum zeigen.

 

In der zweiten Phase wird von 1972 bis 1975 die Neuordnung auf Ebene der Kreise vollzogen. Im östlichen Münsterland werden die Kreise Beckum, Warendorf und Teile der ehemaligen Kreise Münster und Lüdinghausen zum Großkreis Warendorf zusammengeschlossen.

 

Konkurrierende kommunale Entwicklungen sollen verhindert werden und durch Zusammenschlüsse leistungsfähige größere Kommunen entstehen.

Die kommunale Neugliederung im Kreisgebiet geht mit bürgerschaftlichen und politischen Protesten einher.

 

Dabei stehen die Eingemeindungen, die Frage der Kreisneuordnung im Münsterland sowie die Entscheidung über den zukünftigen Sitz der Kreisverwaltung im Mittelpunkt.

 

Durch Demonstrationen wie in Lippborg oder Neubeckum, Volksabstimmungen in Freckenhorst und Stromberg, sowie durch zahlreiche Eingaben an die Verwaltung und eine Fülle an Leserbriefen wird versucht, Einfluss auf die Neuordnung der betroffenen Kommunen zu nehmen. Dabei beschränkt sich der Protest auf das unmittelbare lokale Umfeld. Die Ziele und der Zweck der Gemeindeneugliederung an sich werden nicht in Frage gestellt.

 

Besonders massiv sind die Widerstände gegen einen Zusammenschluss von Freckenhorst und Warendorf sowie von Beckum und Neubeckum.

 

Nachdem sämtliche politische und partizipatorische Mittel ausgeschöpft sind, beschreiten die beiden Gemeinden den Rechtsweg. Im November bzw. Dezember 1974 wird ihre Verfassungsbeschwerde abgelehnt.

Friedlicher Widerstand in der Bevölkerung

Auf verschiedenen Kundgebungen zwischen 1968 und 1969 protestieren mehr als 1000 Einwohner der Gemeinde Lippborg gegen den Anschluss an die Stadt Lippstadt und für einen Verbleib im Kreis Beckum.

 

Bei einer Bürgerbefragung in der Gemeinde Lippborg äußern zudem 87 % der Bürgerinnen und Bürger, dass sie einen Zusammenschluss mit der Stadt Beckum und den weiteren Verbleib im Kreis Beckum wünschen.

 

Trotzdem wird Lippborg am 1. Juli 1969 in die neugegründete Gemeinde Lippetal des Landkreises Soest eingemeindet.

 

Großen Protest gibt es auch in Neubeckum.

 

Die Einwohner wehren sich in vielen Protestaktionen gegen den Anschluss an die Stadt Beckum.

 

In einer Abstimmung im November 1972 stimmen 96,4 % für die weitere Selbständigkeit.

 

Am 1. Januar 1975 verliert Neubeckum seine Selbständigkeit und wird in die Stadt Beckum eingegliedert

Aktion Bürgerwille

Die „Aktion Bürgerwille“ erreicht 1973/74, dass in Nordrhein-Westfalen per Volksbegehren über die kommunale Neuordnung entschieden wird.

 

Das Innenministerium, gleichzeitig für die Durchführung des Volksbegehrens und die kommunale Neugliederung zuständig, legt die Abstimmung in die Karnevalszeit. Die Neugliederungsgegner befürchten, das Volksbegehren könnte auf diese Weise „unter die Räder“ kommen.

Die Aktion Bürgerwille findet im Kreis Warendorf kaum Resonanz: Nicht einmal 10 % der Bevölkerung beteiligt sich.

 

In der Stadt Warendorf nehmen vier Personen, in Sassenberg lediglich sechs Bürger und in Ostbevern überhaupt niemand an der Befragung teil. Anders sieht es in Freckenhorst aus: Hier votieren 61,44 % für das Volksbegehren – bei einer Wahlbeteiligung von 78 Prozent.

 

Die zeitgenössische Karikatur (unten) zur kommunalen Neuordnung in Nordrhein-Westfalen von Günther „Tüte“ Hagedorn verdeutlicht das Gefühl, mit dem sich viele Bürger konfrontiert sehen.

 

Viele können den Sinn der Neugliederung nicht nachvollziehen und glauben sich ihrer heimatlichen Identität beraubt. Sie fühlen sich der Neugliederung machtlos ausgesetzt und von den Politikern auf Landesebene oft unverstanden.




Kontakt und Anfahrt

Kreisverwaltung Warendorf

Waldenburger Straße 2
48231 Warendorf

 

Telefon: 02581 53-0
Fax: 02581 53-1099
verwaltung(at)kreis-warendorf.de

 

Allgemeine Öffnungszeiten der Verwaltung

Montag-Donnerstag: 8.00 - 16.00 Uhr

Freitag: 8.00 - 14.00 Uhr

Oder nach Vereinbarung.

Für die Zulassungsstellen in Beckum und Warendorf, die Führerscheinstelle sowie das Bauamt und für Ausländerangelegenheiten gelten abweichende Öffnungszeiten, die Sie hier nachlesen können.